Wohntagebuch und Positivliste: Planungswerkzeuge für Deine nächste Renovierung
CategoriesGestaltungsplanung
Vor einiger Zeit habe ich bei einer Kollegin im Netz (ich habe keine Ahnung mehr, wo…) den Hinweis darauf gefunden, vor einer Renovierungsplanung ein Wohntagebuch zu führen. Sie schrieb, dass die Mitschriften Klarheit bringen würden.
Ich fand die Idee spannend und fragte mich, wie man denn das Wohntagebuch einsetzen oder führen sollte. Der Gedanke war einige Zeit lang immer wieder da, als mir dann ein zweites Puzzlestück über den Weg fiel:
Ich erinnerte mich an den Tip meines Ausbilders Roland Aull, der davon sprach, eine interne Positivliste zu führen. Er bezog es damals auf die Geschäftstätigkeit und das entsprechende Marketing. Letztenendes ist die Positivliste aber ein Werkzeug, das sich auf nahezu jeden Lebensbereich anwenden lässt.
Du wirst Dich vielleicht gerade fragen, was eine Positivliste ist. Auf eine Positivliste schreibst Du Dinge, die Du haben möchtest, die Dir wichtig sind oder die Du verwirklichen möchtest.
Und das ist das Trickreiche daran: Ich stelle die kühne These auf, dass nahezu jeder weiß, was er nicht möchte. Leider ist ein nicht-wollen aber auch keine Entscheidung für etwas. Nicht-wollen ist eine weg-von-Bewegung, also sich Abwenden, vielleicht Angst oder Mangel. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass weg-von-Entscheidungen keine gute Wahl sind.
Die bessere Wahl sind hin-zu-Entscheidungen. Du entscheidest Dich für etwas, weil Du es willst, weil es Deinen Werten entspricht.
Zurück zum Wohntagebuch und der Positivliste vor einer Renovierung:
Wenn Du eine Renovierung planst, hast Du wahrscheinlich den Wunsch, etwas zu erneuern oder sogar etwas zu verändern.
Beobachte Dich eine Woche lang bei der Nutzung des Raumes, in dem bald die Renovierung ansteht. Schreibe immer wieder auf, was Dir gefällt und wo der Raum „klemmt“. Schreibe Dir auf, wo Du Dich an den Raum anpassen musst. Das kann eine Schranktür sein, die nicht gut zugänglich ist oder eine tote Ecke oder ähnliches. Beobachte einfach und sei gespannt, was Dir auffällt.
Dein Partner oder Wohnungsgenosse oder wie auch immer Du diesen Mitmenschen nennen magst, sollte ebenfalls ein Wohntagebuch führen. Mir ist es sehr wichtig, dass Räume entstehen, die für alle Bewohner passen. Es wird so sein, dass jedem von Euch andere Dinge auffallen und Eure Wohntagebücher völlig unterschiedliche Notizen enthalten. Das ist gut so, denn Wahrnehmung ist höchst individuell.
Nach der Beobachtungswoche wertest Du Dein Wohntagebuch aus. Du wirst Deine Notizen wahrscheinlich in vier Kategorien einteilen können
- etwas nervt, klemmt, passt nicht genau: Du willst es nicht mehr
- etwas soll verändert werden, obwohl es passt: Erneuerungswunsch
- etwas gefällt Dir und soll so bleiben
- etwas muss so bleiben: bauliche Veränderung ist nur schwierig möglich
Schreibe dann Deine Positivliste.
Besonders interessant für diese Liste sind die Notizen der Kategorie 1 und 2. Nimm Dir Punkt für Punkt vor. Denke neue Anordnungen, neue Strukturen, und zwar so, dass es genau zu Dir und Deinen Gewohnheiten passt. Ändere alle ich-will-nichts in neue so-soll-es-seins.
Notizen der Kategorie 3 kannst Du auf die Positivliste übernehmen, ohne sie umzudenken – diese Details gefallen Dir. Betrachte sie trotzdem noch einmal genau, denn es kann sein, dass Du diese Punkte auch verändern und dadurch für Dich verbessern kannst.
Wenn Du alles neu denken möchtest, dann beschäftige Dich auch eingehend mit den Notizen der Kategorie 4. Das kann vor allem sinnvoll sein, wenn Du im eigenen Haus oder in einer Eigentumswohnung lebst.
Im nächsten Schritt gleicht Ihr die Positivlisten miteinander ab und führt sie zu einer gemeinsamen Liste zusammen. Arbeitet so lange an der Liste, bis alle Beteiligten das, was darauf steht, komplett mittragen können. Bleibt im Gespräch, auch wenn es schwierig oder missverständlich wird. Fragt Euch immer wieder, ob Ihr Euch richtig verstanden habt.
Ich weise deshalb so eindringlich auf die Kommunikation hin, weil es unglaublich stresst, in einer Wohnung zu wohnen, die nicht passend für die eigenen Bedürfnisse ist. Ich vergleiche dieses Gefühl gern mit wandern in unpassenden Schuhen. Es geht, aber es ist unglaublich mühsam. Eure Wohnung ist aber der Ort Eurer Regeneration, und die soll dort zwingend gelingen – für alle.
Wenn Eure Positivliste fertig ist, kannst Du Dich an die Gestaltungsplanung und später an die Materialwahl heranmachen. Da Du genau definiert hast, welche Funktionalität Du haben möchtest, ergibt sich daraus eine engere Materialwahl und die Entscheidung für etwas wird leichter. Bleib auch während der Gestaltungsplanung mit Deinem Partner im Gespräch und freu Dich darauf, ihn ein Stückchen besser kennenzulernen.
Aufbauend auf diesen Analyseschritt Wohntagebuch schreiben und Positivliste erstellen gibt es den Minikurs „Erkenne Deine Wohnwünsche“. Darin lernst Du eine Technik kennen, die es Dir ermöglicht, Deine Wohnwünsche und die Deines Partners zu gemeinsamen Wohnwünschen zu machen. Mit den dort erarbeiteten Ergebnissen fällt es Dir sehr leicht, Eure Wohnung neu zu gestalten.
Ich gebe Dir darin außerdem einen Fragenkatalog an die Hand, der es Dir ermöglicht, die Gespräche über Eure Wohnwünsche und Gestaltungsideen ohne Streit und Missverständnisse zu führen.
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